Die Laudationes hielten die Fraktionsvorsitzenden Benno Portmann (CDU) und Michael Materna (SPD). Der Rat hatte die Verleihung einstimmig beschlossen. Die Große Stadtplakette ist neben der Ehrenbürgerschaft die höchste Auszeichnung, die die Stadt zu vergeben hat.  Zahlreiche Gäste aus Politik, Bildung, Vereinen und Zivilgesellschaft nahmen an der Veranstaltung teil, um die Ausgezeichneten zu ehren.

Würdigung Gerda E. H. Koch:
Gerda E. H. Koch wird für ihr außergewöhnliches und langjähriges Engagement in der politischen Bildung, der Erinnerungskultur und im interreligiösen Dialog ausgezeichnet. Als ausgebildete Lehrerin mit den Schwerpunkten Geschichte und Religionspädagogik hat sie über Jahrzehnte Unterricht und Fortbildungen gestaltet und damit Generationen von Lehrer*innen sowie Schüler*innen prägende Impulse für ein sensibles, historisch verantwortliches Lernen gegeben. Besonders hervorzuheben sind ihre Studienreisen für die Auslandsgesellschaft Dortmund seit den 1990er Jahren: Diese verbinden fundierte Wissensvermittlung mit persönlicher Auseinandersetzung an Gedenkstätten und schaffen nachhaltige Lerneffekte zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit.

In ihrer leitenden Funktion in der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Kreis Recklinghausen e.V. – deren Vorsitz sie 2015 übernahm – hat Gerda E. H. Koch ein breites Bildungsangebot aufgebaut: Vorträge, Ausstellungen, Materialien für Schulen und die halbjährlich erscheinende Zeitschrift „REAktionen“, deren Redaktion sie koordiniert. Mit Publikationen wie der Mitautorenschaft an der Biografie „Selig Sigmund Auerbach – Ein deutsches Rabbinerschicksal im 20. Jahrhundert“ hat sie lokale jüdische Geschichte für die Öffentlichkeit aufbereitet und zugänglich gemacht. Ihr Engagement gilt unermüdlich dem Schutz und der Sichtbarkeit jüdischen Lebens, der Sensibilisierung gegenüber Antisemitismus – insbesondere israelkritischem Antisemitismus – sowie der Förderung demokratischer Werte. Für ihr Wirken erhielt sie bereits 2022 den Etienne-Bach-Preis; die Große Stadtplakette würdigt nun ihr vielfältiges, generationenübergreifendes Wirken als Brückenbauerin in und für Recklinghausen.

Würdigung Dr. Walter Pohle:
Dr. Walter Pohle wird mit der Großen Stadtplakette für sein herausragendes medizinisches und soziales Engagement geehrt, das die Stadtgesellschaft über Jahrzehnte nachhaltig geprägt hat. Seit seiner Niederlassung 1980 steht er Menschen in schwierigen Lebenslagen mit persönlichem Einsatz zur Seite. Besonders sichtbar ist sein langjähriges Angebot in der Gastkirche Recklinghausen: Dort bietet er ehrenamtliche Sprechstunden für obdachlose und sozial benachteiligte Menschen an, organisiert fachärztliche Nachsorge und begleitet Schwerkranke bis hin zur Sterbebegleitung. Sein Einsatz zeigt, wie medizinische Versorgung und menschliche Zuwendung unmittelbare Lebenshilfen leisten und gesellschaftlichen Zusammenhalt stiften.

Mit der Gründung des Vereins WiLmA e.V. (Wohnen im Ladenlokal mit Aktion) im Jahr 2009 hat Dr. Pohle einen weiteren Schwerpunkt gesetzt: Das Kinder- und Jugendzentrum an der Marienstraße bietet Hausaufgabenhilfe, Förderunterricht und Freizeitangebote für junge Menschen aus belasteten Verhältnissen und ist für viele ein verlässlicher Anker. Dr. Pohle versteht es, Menschen zu motivieren und Netzwerke für Fördermittel, Sponsoring und ehrenamtliche Mitwirkung aufzubauen; vielfach sind ehemalige Nutzende des Angebots heute selbst aktiv und tragen zur Nachhaltigkeit des Projekts bei. Darüber hinaus engagierte er sich in der Ärzteschaft – unter anderem im Vorstand der Ärztekammer Westfalen-Lippe – und leistete mit der Gründung der ersten Herzsportgruppe in Recklinghausen Pionierarbeit im Bereich der Prävention und Rehabilitation. Für sein langjähriges Engagement wurde er bereits mit dem Integrationspreis (2013), dem Bundesverdienstkreuz (2020) und der Samariternadel der Stadt Recklinghausen (2022) ausgezeichnet; die Große Stadtplakette würdigt nun die gesamte Breite seines ehrenamtlichen und professionellen Wirkens.

Bürgermeister Christoph Tesche, der dem Rat beide Ehrungen vorgeschlagen hatte, betonte in seiner Ansprache: „Mit Gerda E. H. Koch und Dr. Walter Pohle ehren wir zwei Menschen, deren Engagement in unterschiedlichen Feldern eines gemeinsam hat: Sie stärken das Miteinander unserer Stadt durch Bildung, Verantwortung und konkrete Hilfe. Ihr Wirken ist Vorbild und Auftrag zugleich.“ 

Die neuen Träger*innen der Auszeichnung erhielten aus den Händen des Bürgermeisters neben der Großen Stadtplakette eine Anstecknadel und eine Ehrenurkunde. Für den musikalischen Rahmen des Festaktes sorgten Harald Schollmeyer und Dennis Tiborc. Die Gäste der feierlichen Veranstaltung im Großen Sitzungssaal trugen sich zum Ende in das Goldene Buch der Stadt Recklinghausen ein. 

Foto (Stadt RE): Bürgermeister Christoph Tesche (l.) vergab die Große Stadtplakette im schönsten Rathaus von NRW an Gerda E. H. Koch (4.v.l.) und Dr. Walter Pohle (3.v.r.), die sich gemeinsam mit ihren Partnerinnen Roswitha Killinger (3.v.l.) und Inge Pohle (2.v.r.) sehr über die Auszeichnung freuten. Die Laudationes hielten Benno Portmann (2.v.l./CDU) und Michael Materna (r./SPD).

Stichwort Große Stadtplakette: 
Die Große Stadtplakette verleiht der Rat an Bürger*innen, die sich in besonderer Weise für ein gutes Miteinander und die Weiterentwicklung der Stadtgesellschaft engagiert haben. Das Gremium entscheidet in nichtöffentlicher Sitzung über eine solche Auszeichnung. Neben Gerda E. H. Koch und Dr. Walter Pohle gibt es aktuell folgende Träger*innen der Großen Stadtplakette, die durch den Rat an maximal acht lebende Bürger*innen vergeben wird: Tela Kitschke, Maria Voß, Wilhelm Burrichter, Bernhard Lübbering, Dr. Jürgen Schwark und Peter Borggraefe. Insgesamt wurde die Auszeichnung seit dem Jahr 1955 nunmehr 49 Mal vergeben. Gefertigt wurden die am Montag verliehen Stadtplaketten durch den Recklinghäuser Goldschmied Dirk Jansen.