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In der Schwertfegergasse 2 befanden sich während der NS-Zeit nicht nur das zentrale Untergau- bzw. Bannbüro der Hitlerjugend, sondern auch die Dienststellen des BDM („Bund Deutscher Mädchen“) – Untergau 252 Vest Recklinghausen sowie die Dienststelle der JM (Jungmädelschaft). Das Haus Schwertfegergasse 2 war somit die Herrschaftszentrale der weiblichen Hitler-Jugend in Recklinghausen. Auf dem rückwärtigen Gelände des Hauses standen auf einem freien Platz einige Holzbaracken, die den Mädchen des Untergaus 252 als „Schulungsheime“ zur Verfügung gestellt worden waren.
In ihrem HJ-Heim wurden die jungen Mädchen während der Schulungsnachmittage im Sinne der NS-Ideologie indoktriniert. Hier mussten sie den Lebenslauf Adolf Hitlers auswendig lernen, und hier lernten sie auch die Gedenktage der NS-Bewegung kennen.
Im HJ-Heim übte man die Fahrten- und NS-Kampflieder ein, die während der Aufmärsche in den Straßen der Stadt oder bei NS-Kundgebungen gesungen wurden. Selbstverständlich war schließlich auch der sog. Ordnungsdienst fester Bestandteil eines jeden Schulungsnachmittags. Alle diese Aktivitäten dienten dem Ziel, den Mädchen zu verdeutlichen, dass im Mittelpunkt ihres Lebens „Führer, Volk und Vaterland“ stehen sollten. Nicht von ungefähr trugen NS-Plakate aus dem Jahre 1937, die ein strahlendes junges Mädchen mit langen blonden Zöpfen zeigten, die Aufschrift: „Auch du gehörst dem Führer!“.
Die Recklinghäuserin Brunhilde Verstege erinnert sich: „Mein Dienstort war der Quadenturm am Herzogswall: Jeden Mittwoch- und Samstagnachmittag traten wir Jungmädel auf dem Platz neben dem Quadenturm zum ´Fahnenappell´ und zum ´Ordnungsdienst´ an. Mir hat das ´Exerzieren´ wohl gefallen. Wir marschierten nämlich nicht nur in langweiligen Dreierreihen, sondern darüber hinaus auch in ganz unterschiedlichen, schön anzusehenden Marschformationen, die sternförmig oder diagonal in langen Kolonnen über das gesamte Übungsfeld führten. Nachdem ich an einem Führerinnen-Lehrgang teilgenommen hatte und die Aussicht bestand, dass ich eine Führungsposition erhalten würde, durfte ich auch selbst unter Anleitung eines älteren Mädchens das Exerzieren leiten. Das hat mir viel Spaß gemacht […].
Als ich meinen Führerinnen-Lehrgang abgeschlossen hatte und deswegen die Führung einer Gruppe übernehmen konnte, erzählte mir meine beste Freundin eines Tages, dass ich bei meiner Beförderung zur Führerin natürlich einen Eid auf den Führer leisten müsse. Als ich das hörte, war ich sehr erschrocken und erklärte: `Das mache ich nicht; den Führer kann ich nicht leiden!´ Die Abneigung gerade gegen diesen Mann hatte mir mein Elternhaus offenbar vermittelt; es war mir damals allerdings nicht bewusst, dass sich meine Abneigung gegen den `Führer´ mit meiner Freude am `Führer-Dienst´ in der Hitler-Jugend eigentlich nicht vertrug“.
Während des Krieges wurden die Jungmädel zu allen möglichen sozialen und kriegswichtigen Aufgaben auch außerhalb der Schulzeit herangezogen: die Jüngeren sammelten auf der Straße Geld für das Winterhilfswerk, beteiligten sich an „Altstoffsammlungen“ oder halfen im Sommer beim Einbringen der Ernte. Die älteren Mädchen arbeiteten in kinderreichen Haushalten mit oder pflegten im Einzelfall sogar verwundete Soldaten in Lazaretten. Als immer mehr junge Männer Soldaten wurden, mussten manche BDM-Mädchen auch in Rüstungsbetrieben arbeiten. Man beutete ihre Arbeitskraft aus.
[Vgl. 2.4 „Auch du gehörst dem Führer.“ Der Bund Deutscher Mädel/BDM (Schwertfegergasse 2), in: Geck, Möllers, Pohl, „Wo du gehst und stehst…", Stätten der Herrschaft, der Verfolgung und des Widerstandes in Recklinghausen 1933-1945, Recklinghausen 2002, S. 62-64]