1873 wurde Recklinghausen durch die Verlegung des Landwehrbezirkskommandos von Borken nach Recklinghausen Garnisonstadt. Das Kommando war in angemieteten Räumen untergebracht und wechselte mehrfach seinen Standort. Bis 1918 regelte es die Verwaltungsaufgaben der allgemeinen Wehrpflicht. Das Wehrbezirkskommando erließ die Gestellungsbefehle und stellte in Untersuchungen durch Militärärzte die Diensttauglichkeit der Militärpflichtigen fest. Die allgemeine Wehrpflicht wurde in Deutschland mit dem Versailler Vertrag abgeschafft. Die Reichswehr, nunmehr Berufsarmee, wurde auf 100.000 Mann begrenzt. Den Einsatz für die Reichswehr (5 % jährlich) bildeten von 1919 bis 1935 Freiwillige, die durch die Truppenteile angeworben wurden, so dass Wehrbezirkskommandos überflüssig wurden.
Mit dem Wehrgesetz vom 21. Mai 1935 führte Hitler die von ihm seit längerem angekündigte allgemeine Wehrpflicht wieder ein. Nach dem Gesetz war nun die Wehrmacht „der Waffenträger und die soldatische Erziehungsschule des deutschen Volkes“. In Recklinghausen wurde 1935 im Gebäude der ehemaligen Bergbaudirektion am Elper Weg das neue Wehrbezirkskommando eingerichtet. Bis 1945 verwaltete es Wehrpflichtangelegenheiten und Einberufungen zur Wehrmacht. Soldatenverbände, Wehrmacht und NS-Führer begrüßten die neue Wehrpflicht und damit die „wiedererwachende Stärke“ Deutschlands. Am 25.10.1936, dem „Tag der alten Soldaten“, feierten die Verbände der Soldaten des 1. Weltkriegs in Recklinghausen ihr Jubiläum. Die Zeitung schrieb zu diesem Anlass: „Mit aller Entschiedenheit bekannte man sich auch zu der jungen neuen Wehrmacht, die der Führer dem deutschen Volke nach langen Jahren der Schmach wieder geschenkt hat, bekannte man sich damit zum ewigen Soldatentum unseres Volkes, das niemals in ihm auszulöschen sein wird.“
Bürgermeister Rottmann meinte, „Recklinghausen habe in diesen Tagen nur einen Wunsch, dass diese Stadt nicht nur eine Stadt der Arbeiter und Bauern bleiben, sondern dass sie auch eine Stadt der Soldaten werden möge.“
Der Wehrbezirkskommandeur und Standortälteste Major von Papen entbot den alten Kameraden die herzlichsten Wünsche der neuen deutschen Wehrmacht. Er sei „stolz darauf, in den Reihen der alten ruhmreichen deutschen Armee gestanden, gekämpft und geblutet zu haben, einer Armee von der der bedeutendste unserer Gegner, der französische Marschall Foch, zugeben musste, dass sie die beste Armee gewesen sei, die die Welt je gesehen habe.“
Obwohl Recklinghausen kein Truppenstandort war, so gab es doch Einquartierungen auf Zeit. Nach dem Krieg gegen Polen wurde Recklinghausen wie viele Städte und Gemeinden östlich des Rheins zum Aufmarschgebiet für den Krieg gegen Frankreich und Belgien. Ende Oktober 1939 verlangte die Feldkommandantur 529 (Haltern), die auf Befehl des Kommandanten des Rückwärtigen Armeegebietes die militärische Betreuung des Land- und Stadtkreises Recklinghausen, Gelsenkirchen-Buers und Bottrops übernommen hatte und die eng mit der zivilen Dienststelle (also dem Wehrbezirkskommando) und der Ordnungspolizei zusammenarbeitete, eine Aufstellung über die Belegungsmöglichkeiten in Recklinghausen. In der Antwort des Bürgermeister wird die „weite Belegung“ für Recklinghausen mit ca. 200 Offizieren, 6000 Unteroffizieren und Mannschaften und 600 Pferden und die „enge Belegung“ mit 300 Offizieren, 8500 Unteroffizieren und Mannschaften und 800 Pferden angegeben. Im Verhältnis zur Einwohnerzahl sei die Belegungsmöglichkeit deshalb so gering, weil in der Stadt Recklinghausen „vorwiegend Arbeiter wohnten und in den Arbeitersiedlungen kaum Soldaten einquartiert werden können.“
Zur Bereitstellung von Truppenunterkünften für kurzfriste Belegungen konnte das Wehrbezirkskommando Anordnungen für Gaststätten, Schule usw. treffen wie etwa das Hotel Handelshof, den Saalbau, die Engelsburg, das Ständehaus oder den Gasthof „Zum Reichsadler“. Das Offiziersheim befand sich in der Augustinessenstraße, Casino Engelsburg.
Die in Recklinghausen stationierten Soldaten verhielten sich offensichtlich nicht immer vorbildlich, so dass der Standortälteste, Major von Papen, und der Standortoffizier Oberleutnant Gersmeyer schriftlich von den Führern der Einheiten verlangten, auf Disziplin zu achten: „Es wird erwartet, dass die von den Einheiten eingesetzten Streifen eine strenge Kontrolle des verbotenen Lokals „Westfalenhof“ an der Herner Straße durchführen. Ansammlungen von Soldaten vor dem betreffenden Lokal sind nicht zu dulden.“
Das Wehrbezirkskommando rekrutierte im Laufe der Kriegsjahre Tausende von Soldaten, auch jene, die als politisch Verfolgte galten und vom Wehrdienst ausgeschlossen waren, wurden in die berüchtigten Sondereinheiten (wie Minenräumkommandos) kommandiert.
So forderte der Krieg Hitlers auch für Recklinghausen einen hohen Preis. Ein Bericht der Stadtverwaltung von 1951 beziffert die Zahl der toten Wehrmachtsangehörigen mit 2368 und der Vermissten mit 2115.
[In: Geck, Möllers, Pohl, „Wo du gehst und stehst…" Stätten der Herrschaft, der Verfolgung und des Widerstandes in Recklinghausen 1933-1945, Recklinghausen 2002]
[ Vgl. 3.9 Soldaten für den Führer (Kreiswehrersatzamt, Elper Weg), S. 125-137]