Zu den spektakulärsten Schutzraumbauten des Dritten Reiches zählten die Hochbunker. Der Luftschutz spielte in der nationalsozialistischen Vorkriegspropaganda eine wichtige Rolle im Sinne der Vorbereitung der Bevölkerung auf künftige kriegerische Auseinandersetzungen. Bereits 1933 informierte die in der Folge des Reichsluftschutzbundes gegründete örtliche Luftschutztruppe Recklinghausen in verschiedenen Veranstaltungen über Flugmeldedienst, Luftschutzwarndienst, Sicherheits- und Hilfsdienst (SHD), Selbstschutz und Luftschutzräume.
Unmittelbar nach Beginn des Krieges gegen Frankreich erlebte Recklinghausen am 18. Juni 1940 den ersten Bombenangriff. Er forderte sieben Tote und mehrere Schwerverletzte. In einem Sonderbefehl ordnete Hitler im Oktober 1940 Schnellmaßnahmen für 80 besonders gefährdete Städte, davon die Hälfte im Ruhrgebiet an. In der Stadtverwaltung wurde eine Abteilung für Luftschutzbauten geschaffen. Die Baukosten der Bunker übernahm das Reich, das damit auch Eigentümer der Bunker wurde. Das „Sofortprogramm“ wurde in Recklinghausen wie in vielen Städten aufgrund mangelnder Arbeitskräfte und fehlender Baustoffe nur zum Teil verwirklicht. Neben Arbeitstrupps aus der Organisation Todt wurden zu ihrem Bau auch Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und Häftlinge aus dem Arbeitserziehungslager „Schützenhof“ eingesetzt.
In Recklinghausen wurden neun Hochbunker errichtet: Schulstraße (Schutz für 1100 Personen), Esseler Straße (400), Börster Weg (400), Kuniberg (1500), Hauptbahnhof (400), Hohenzollernstraße (400), Hillerheide (400), Grullbadstraße (400), Westfalenstraße (1100). Etwas später erfolgte der Bau sogenannter Stollenbunker am Saalbau (1100), Wanner Straße (900) und Paulusstraße (800). Neben diesen Großbauten bot noch eine Vielzahl von öffentlichen und privaten Bunker- und Schutzbauten der Bevölkerung Zuflucht.
Unter den neun Hochbunkern nahm der Bunker an der Hohenzollernstraße eine Sonderstellung ein. Seine Dachstärke bestand aus einer drei Meter dicken Betonplatte, die Außenwände waren zwei Meter stark. Unmittelbar nach der Fertigstellung bezog die örtliche Luftschutzleitung hier ihr Quartier. Sie bestand aus dem Luftschutzleiter, seinem Stellvertreter, einem Schutzpolizisten, einem Mitarbeiter der Stadtwerke und des Tiefbauamtes, um einen schnellen Einsatz bei Gas-, Strom- und Wasserschäden zu gewährleisten. Ebenfalls hier untergebracht war das Studio des Drahtfunksenders Recklinghausen, der regelmäßig über die alliierten Bombenangriffe informierte. Er sendete auf Mittelwellenfrequenz, konnte mit einfachem Klingeldraht über das Radio empfangen werden.
Vom Frühjahr 1942 an stellten die Alliierten die Kolosse aus Stahl und Beton auf die Probe. Sie sollten den Bombenkrieg nahezu unbeschadet überstehen. 1946 teilte die Stadtverwaltung der Provinzialregierung auf Anfrage mit, dass alle neun Hochbunker den Bomben standgehalten hätten.
Die Zahl der durch Bombenangriffe getöteten Recklinghäuser wird von amtlichen Stellen auf 331 beziffert. Die Zahl dürfte tatsächlich aber höher liegen, da die letzten Monate des Krieges zu chaotischen Zuständen führten, die genaue statistische Angaben so gut wie unmöglich machten. Dazu kommt noch eine hohe Zahl getöteter Zwangsarbeiter und Kriegsgefangener, für die die Nutzung von Bunkern und Luftschutzräumen verboten war, so dass die Zahl der Umgekommenen zwischen 400 und 500 liegen dürfte.
Nach dem Krieg erfuhren die Hochbunker eine unterschiedliche Nutzung. Ihre von der britischen Besatzung angestrebte Zerstörung erwies sich als undurchführbar. Einige Bunker wurden daraufhin zivil genutzt. Der Bunker an der Schulstraße diente bis 1975 als Unterkunft für Obdachlose. Der Bunker am Hauptbahnhof wurde nach dem Krieg als Hotel genutzt und beherbergt heute die städtische Kunsthalle.
Die militärische Aufrüstung der Großmächte UdSSR und USA im Ost-West-Konflikt brachte die Gefahr eines Atomkrieges. Bis 1985 wurden deshalb aufgrund gesetzlicher Regelungen folgende Bunkeranlagen wieder als Schutzräume für die Bevölkerung hergestellt: Kuniberg, Esseler Straße, Schulstraße, Grullbad, Hohenzollernstraße und Saalbaustollen. Der Bunker an der Hohenzollernstraße wurde 1995 privatisiert (der Schutzraum wird aber weiter gewartet) und auf seinem Dach entstanden zwei Architekturbüros.
[Vgl. 3.14 „Alle neun Hochbunker den Bomben standgehalten“ (Hochbunker, Hohenzollernstr.), in: Geck, Möllers, Pohl, „Wo du gehst und stehst…" Stätten der Herrschaft, der Verfolgung und des Widerstandes in Recklinghausen 1933-1945, Recklinghausen 2002, S. 149-151]