Aktuelles Recklinghausen

Der Platz liegt zentral in der Altstadt und ist historisch vermutlich von sehr großer Bedeutung. Der Platz, jetzt noch zum Parken genutzt, wird nach der Ausgrabung neu gestaltet. „Er soll dann zum Verweilen einladen, unsere Altstadt noch schöner machen und zugleich Stadtgeschichte lebendig und erfahrbar machen“, sagt Bürgermeister Wolfgang Pantförder.
Die Ausgrabung
Unter dem Platz an der Johannes-Janssen-Straße wird ein Bodendenkmal vermutet, das wertvolle Ergebnisse über die Frühgeschichte Recklinghausens liefern könnte. „Gerade weil keine schriftlichen Quellen über die frühmittelalterlichen Anfänge Recklinghausens überliefert sind, ist das wissenschaftliche Interesse an der Untersuchung des Bodendenkmals groß“, sagt Andreas Rapien, Fachbereichsleiter Planen, Umwelt, Bauen. Josef Aulke, Denkmalpfleger der Stadt, ergänzt: „Konkret besteht die Hoffnung, Spuren einer Reichshofbefestigung zu finden, und zwar Grundrisse von Pfostenhäusern, die mit einem Reichshof in Zusammenhang gestanden haben könnten.“ Reichshöfe waren befestigte Stützpunkte, die Karl der Große für die Sicherung von Versorgung und Herrschaft anlegen ließ. Die Gründung einer solchen befestigten Hofanlage rund um die anliegende Sankt-Peter-Kirche könnte den Beginn Recklinghausens markieren. Die Peterskirche selbst zählt zur größten und ältesten Pfarre des Landes zwischen Lippe und Emscher.
Die archäologischen Grabungen sollen circa fünf Monate dauern. Gegraben werden muss in mehreren Abschnitten. Im ersten Schritt tragen Tiefbauer die Oberschicht des Erdreichs ab, erst dann kann mit der eigentlichen bodenkundlichen Untersuchung begonnen werden. Die geborgenen Funde werden anschließend archiviert. Außerdem wird eine Grabungsdokumentation erstellt, die archivgerecht aufbereitet wird.
Durch die Einteilung der Grabung in mehrere Abschnitte bleibt das Ikonenmuseum für Rettungsfahrzeuge jederzeit erreichbar. Fußgänger, die zwischen Holzmarkt und Krim unterwegs sind, können weiterhin die Johannes-Janssen-Straße benutzen.
Aktivitäten rund um die Ausgrabung
Mit der aktuellen Ausgrabung sind zahlreiche Aktivitäten verbunden. Beispielsweise können Grundschulklassen die Ausgrabungsstelle besuchen. Mithilfe museumspädagogischer Konzepte besteht für die Schüler die Möglichkeit, mehr über die frühmittelalterliche Geschichte Recklinghausens zu erfahren. Auch stellt das Kommunale Bildungsbüro der Stadt allen Recklinghäuser Schulen Broschüren zur Verfügung, die der Durchführung eines Unterrichtsmoduls zum Thema „Recklinghausen gräbt aus“ dienen. „Enthalten sind museumspädagogische Vorschläge wie ein Stadtrundgang, ein Museumsbesuch oder der Bau eines Stadtmodells“, sagt Klaus Herrmann vom Kommunalen Bildungsbüro. Die Abteilung Stadtmarketing hat sieben Banner zur Ausgrabung erstellt, die rundum an den Bauzäunen zur Geschichte des Ortes und über die Ausgrabung informieren werden. Auch sind Stadtführungen zur Ausgrabungsstelle in Kooperation mit der Gilde der Stadtführer geplant. „Ein weiteres Bonbon wird es bei 'Recklinghausen leuchtet' geben“, sagt Stadtmarketing-Leiter Georg Gabriel. „Die Ausgrabungsstelle soll Teil der Route mit besonderer Illumination sein.“
Archäologische Voruntersuchung 2009
Bereits im Oktober 2009 waren Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) vor Ort und hatten in einem Teilbereich des Platzes gegraben. Ziel dieser Voruntersuchung war es, herauszufinden, ob und in welchem Umfang archäologische Befunde in diesem Bereich vorliegen. Dabei fand das Ausgrabungsteam ein Fundament eines Fachwerkhauses, vermutlich aus dem frühen 19. Jahrhundert, sowie einen Brunnen, der ungefähr auf das frühe 18. Jahrhundert datiert wird. Spuren von Befestigungsanlagen sind in diesem untersuchten Teilbereich nicht gefunden worden. „Deshalb wird vermutet, dass sich diese an einer anderen Stelle befinden“, sagt Josef Aulke vom Denkmalschutz.
Neugestaltung des Platzes nach der Ausgrabung
Nach der Ausgrabung wird der zentrale Platz an der Johannes-Janssen-Straße neu gestaltet. Dann erhält der Platz auch einen Namen. „Der Platz soll die Attraktivität Recklinghausens als Einkaufsstadt weiter erhöhen und eine Aufenthaltsqualität für Besucher und Bewohner der Altstadt schaffen“, sagt Bürgermeister Wolfgang Pantförder. Auch Veranstaltungen auf dem Platz sollen dann möglich sein.
Die Neugestaltung des Platzes bietet sich allein schon aufgrund seiner räumlichen Lage an. Denn: „Der Platz hat eine wichtige Scharnierfunktion zwischen dem Bereich des Altstadtmarktes und der Krim“, sagt Pantförder. Die Verbindung der Altstadt zum Kirchplatz von St. Peter, dem Ikonenmuseum und der Krim kann auf diese Weise besser hervorgehoben werden. Der Umbau soll voraussichtlich im November 2014 fertiggestellt sein.
Für den neu zu gestaltenden Platz wird die Stadt einen Wettbewerb ausschreiben. Der Planungswettbewerb wird planmäßig von Oktober bis Dezember dieses Jahres durchgeführt. Alle Wettbewerbsarbeiten werden im Anschluss öffentlich ausgestellt. Vergabe und Ausführung der Neugestaltung sind für das Frühjahr 2014 geplant.
Zahlen und Fakten
Insgesamt stehen der Stadt Recklinghausen für das Projekt 491.000 Euro zur Verfügung. Das Land fördert die Maßnahme zu 80 Prozent, das heißt 392.800 Euro kommen aus Düsseldorf, 98.200 Euro zahlt die Stadt. In der Gesamtsumme sind die Kosten für die archäologische Untersuchung mit 188.000 Euro, für den Wettbewerb mit 50.000 Euro und für die Baumaßnahmen der Platzneugestaltung mit 253.000 Euro enthalten.
Bei der archäologischen Untersuchung hat der Fachbereich Planen, Umwelt Bauen der Stadt Recklinghausen die Ausgrabungsleitung. Die Ausgrabung erfolgt durch eine Arbeitsgemeinschaft von „Team.Zeitreise“ und „UNEARTH Archäologische Ausgrabungen/Mark Schrader und Wolfram Essling-Wintzer“ aus Bochum. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) begleitet die Ausgrabung wissenschaftlich. Die Abtragung des Oberbodens unternimmt die Baufirma „EUROVIA Terbau GmbH“ aus Bottrop.
17 Parkplätze fallen mit der Ausgrabung weg. Sie stehen auch nach der Neugestaltung des Platzes nicht mehr zur Verfügung. Die Stadt hat die Anwohner frühzeitig über alternative Parkflächen informiert.
Der Platz an der Johannes-Janssen-Straße ist circa 1380 Quadratmeter groß. Davon sind 545 Quadratmeter Eigentum der katholischen Kirchengemeinde St. Peter, die diese Fläche zur öffentlichen Nutzung freigegeben hat.