Die Grundsteuer ist eine Steuer der Kommunen und wird auf den Grundbesitz, d. h. auf bebaute und unbebaute Grundstücke, erhoben. Gezahlt wird sie grundsätzlich von den Eigentümer*innen, eine Umlage auf Mieter*innen ist im Rahmen der Mietnebenkosten möglich.
Das Verfahren zur Berechnung der Grundsteuer ist dreistufig und erfolgt teilweise durch das zuständige Finanzamt und teilweise durch die Kommune:
Das Finanzamt hat somit die (Neu)Bewertung des Grundbesitzes vorzunehmen und den Kommunen die Grundsteuermessbeträge für jeden einzelnen Grundbesitz zur Verfügung zu stellen. Die vom Finanzamt ermittelten Werte sind anschließend für die Kommune bindend für die weitere Bearbeitung.
Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 10.04.2018 entschieden, dass die bisherige Bemessungsgrundlage der Grundsteuer wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 GG auf Grund veralteter Grundstückswerte nicht mehr verfassungsgemäß ist.
Das Gericht führte zur Begründung aus, dass die Einheitswerte für Grundbesitz in den „alten“ Bundesländern noch heute auf der Grundlage der Werteverhältnisse zum 01.01.1964 und in den „neuen“ Bundesländern zum 01.01.1935 beruhen würden.
Das bisherige Recht der Einheitsbewertung sah ursprünglich alle sechs Jahre eine neue Hauptfeststellung, d. h. eine Wertaktualisierung des Grundbesitzes, vor. Bereits 1970 wäre demnach eine erste Aktualisierung notwendig gewesen, die wie in allen Folgejahren seitens der Länderfinanzverwaltung unterblieb, so dass der letzte tatsächliche Hauptfeststellungszeitpunkt der 01.01.1964 blieb.
Alle später errichteten Gebäude wurden auf die Wertverhältnisse von 1964 zurückgerechnet. Das Festhalten an diesem Hauptfeststellungszeitpunkt führe nach dem o. g. Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu ungerechtfertigten gravierenden und umfassenden Ungleichbehandlungen von Grundvermögen.
Das bis dahin geltende Recht darf bzw. durfte damit nur noch für eine Übergangszeit weiter angewendet werden. Der Bundesgesetzgeber wurde verpflichtet, bis spätestens 31.12.2019 ein Reformgesetz zu beschließen. Dieser Verpflichtung ist der Bund mit dem Beschluss des Grundsteuerreformgesetzes (GrStRefG, veröffentlicht am 02.12.2019) nachgekommen.
Mit diesem Bundesmodell bleibt die Grundsteuer wie bisher wertorientiert ausgestaltet und unterscheidet bei der Wertermittlung zwischen Wohngrundstücken, für die der Wert nach dem Ertragswertverfahren zu ermitteln ist, und den Nicht-Wohngrundstücken (z. B. gewerbliche oder gemischt genutzte Grundstücke), für die das vereinfachte Sachwertverfahren zur Anwendung kommt.
Zudem werden künftig bei land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Wohngebäude, die bisher der Grundsteuer A unterlagen, in die Grundsteuer B einbezogen und mit dem regelmäßig höheren Hebesatz der Grundsteuer B belastet.
Zusätzlich wurde insbesondere eine Länder-Öffnungsklausel geschaffen, die es den Bundesländern ermöglicht, durch abweichende landesrechtliche Regelungen das Bundesrecht zu modifizieren. Das Aufkommens- und Hebesatzrecht verbleibt bei den Kommunen. Ebenso bleiben die Verwaltungszuständigkeiten unverändert. Ein erklärtes Ziel war eine Aufkommensneutralität, d. h. dass das Gesamtaufkommen der Grundsteuer nach der Reform dem Gesamtaufkommen vor der Reform entsprechen soll. Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass die individuelle Grundsteuerbelastung gleichbleibt: Die Grundsteuer für den einzelnen Steuerpflichtigen kann sich erhöhen, reduzieren oder gleichbleiben. Insgesamt wird es in erheblichem Umfang zu Belastungsverschiebungen kommen (müssen), um die vom Bundesverfassungsgericht geforderte steuerliche Gleichbehandlung sicherzustellen.
Bund und Ländern wurde fünf weitere Jahre Zeit gegeben, das Gesetz insoweit umzusetzen, dass alle rund 36 Mio. Grundstücke bundesweit neu zu bewerten sind. Die Neubewertung aller Grundstücke musste somit spätestens zum 31.12.2024 abgeschlossen sein.
Dazu hatten alle Grundstückseigentümer gegenüber dem Finanzamt bis zum 31.10.2022 entsprechende Angaben zur Neubewertung ihres Grundbesitzes zu machen. In NRW wurde diese Frist auf Grund der niedrigen Rücklaufquote dann seitens des Finanzamtes bis zum 31.01.2023 verlängert.
Das neue Grundsteuerrecht ist erstmals ab dem 01.01.2025 verbindlich anzuwenden.
Das Land NRW hat ebenso wie acht weitere Bundesländer das Bundesmodell unverändert übernommen.
Mit diesem Grundsteuermodell sind tendenziell z. T. erhebliche Belastungsverschiebungen zu Lasten von Wohngrundstücken und zu Gunsten von Nicht-Wohngrundstücken zu erwarten.
Die Zuordnung der einzelnen Immobilie zu den Wohn- oder den Nichtwohngrundstücken ist gesetzlich gem. § 1 NRW-Grundsteuerhebesatzgesetz (NRW-GrStHSG) i. V. m. § 15 Grundsteuergesetz (GrStG) und § 249 Bewertungsgesetz (BewG) vorgegeben. Sie wird vom Finanzamt vorgenommen und ist anschließend für die Kommune in der weiteren Verarbeitung bindend.
Wohngrundstücke:
- Einfamilienhäuser
- Zweifamilienhäuser
- Mietwohngrundstücke
- Wohnungseigentum
Nichtwohngrundstücke
- Geschäftsgrundstücke
- Teileigentum
- unbebaute Grundstücke
- gemischt genutzte Grundstücke
- Sonstige bebaute Grundstücke
Entgegen der vermeintlich eindeutigen Bezeichnung können auch sogenannte Nichtwohngrundstücke für Wohnzwecke genutzt werden. So werden gemischt genutzte Grundstücke der Grundstücksart der Nichtwohngrundstücke zugeordnet, können aber im Umfang von bis zu 80 % zu Wohnzwecken genutzt werden. Ein typisches Beispiel für ein gemischt genutztes Grundstück ist ein Gebäude mit Geschäftsräumen im Erdgeschoss und darüber liegenden Wohneinheiten in den Obergeschossen.
Ein Grund für die o. g. Belastungsverschiebungen sind die unterschiedlichen Verfahren zur Wertermittlung (wie oben beschrieben: Ertragswertverfahren bei Wohngrundstücken, Sachwertverfahren bei Nicht-Wohngrundstücken).
Das Land NRW hat mit Gesetzesbeschluss vom 05.07.2024 das NRW-Grundsteuerhebesatzgesetz beschlossen. Damit wird ein Wahlrecht der Kommunen zur Anwendung eines nach Grundstücksarten differenzierenden Hebesatzes für die Grundsteuer B eingeführt.
Dies bedeutet, dass der Rat jeder Kommune entscheiden kann, ob weiterhin ein einheitlicher Grundsteuer-B-Hebesatz für alle Grundstücke in der Gemeinde oder ein differenzierender Grundsteuer-B-Hebesatz getrennt nach Wohngrundstücken und Nicht-Wohngrundstücken festgesetzt wird. Eine Verpflichtung der Kommunen, unterschiedliche Hebesätze festzulegen, besteht somit nicht.
Das Land NRW hat zunächst Im Juni 2024 hat das Land NRW für jede NRW-Kommune aufkommensneutrale einheitliche und differenzierende Hebesätze veröffentlicht, d. h. Hebesätze, bei deren Anwendung für die jeweilige Kommune das künftige Gesamtaufkommen der Grundsteuer nach neuem Recht dem bisherigen Gesamtaufkommen nach altem Recht entsprechen würde. Eine einmalige Aktualisierung erfolgte im September 2024.
Für die Stadt Recklinghausen wurden folgende aufkommensneutrale Hebesätze durch das Land ermittelt:
Grundsteuer A
- vom Land ermittelte Hebesätze: 490 v.H.
- Hebesätze 2024 in RE: 390 v.H.
Grundsteuer B
- Einheitlicher Hebesatz vom Land ermittelt: 784 v.H.
- Einheitlicher Hebesatz 2024 in RE: 695 v.H.
- Differenzierender Hebesatz, immer nur vom Land ermittelt:
Wohnen: 663 v.H.
Nichtwohnen: 1.173 v.H.
Nach Abwägung der möglichen Alternativen beschloss der Rat der Stadt Recklinghausen in seiner Sitzung vom 02.12.2024, dass ab dem Jahr 2025 von der Möglichkeit differenzierender Grundsteuerhebesätze Gebrauch gemacht wird.
Hinsichtlich der Höhe der Hebesätze wurde hierbei der Empfehlung des Landes gefolgt, d. h. ab dem 01.01.2025 gelten die folgenden Hebesätze:
Grundsteuer A: 490 v.H.
Grundsteuer B: